Kindergartensituation so nicht akzeptabel

WN/OZ vom 17.10.2022 – Nadine Kunzig

Abtsteinach. So kann es nicht weitergehen: Die Betreuungssituation im katholischen Kindergarten St. Josef in Ober-Abtsteinach hat sich in den vergangenen Wochen weiter zugespitzt. Aufgrund von fehlendem Fachpersonal befindet sich die Einrichtung im Notfallplan Stufe 3. Das bedeutet, dass maximal 50 Kinder, deren Eltern berufstätig sind und eine entsprechende Arbeitgeberbescheinigung vorlegen, bis 13.15 Uhr betreut werden.

„Diese Situation ist für die Eltern, aber auch für die Gemeinde so nicht weiter tragbar“, heißt es dazu in einer fraktionsübergreifenden Stellungnahme, die Gemeindevertretervorsitzende Karin Oberle in der Sitzung am Freitagabend vorlas. Dieser Tagesordnungspunkt wurde aufgrund der Dringlichkeit noch kurzfristig hinzugefügt.

Dass sich auch viele betroffene Eltern Gedanken um die Betreuung ihrer Kinder machen, wurde vor allem durch den gut gefüllten Sitzungssaal des Rathauses deutlich. Interessiert verfolgten die Besucher die Diskussion und waren am Ende sichtlich erleichtert, als die Gemeindevertreter einstimmig beschlossen, die Möglichkeit zu prüfen, einen Kindergarten in Trägerschaft der Gemeinde Abtsteinach einzurichten.

Den Fortbestand sichern

Was das bedeutet? Das Team um Bürgermeisterin Angelika Beckenbach möchte den Fortbestand des Kindergartens sichern und untersucht nun, ob die Gemeinde eine Einrichtung in Eigenregie führen kann. Denn schon des Öfteren hat die Verwaltung versucht, Gespräche mit der Pfarrgemeinde sowie mit dem Bistum aufzunehmen, hat sich mit dem Jugendamt in Verbindung gesetzt und mögliche Lösungen erarbeitet, um die prekäre Situation zu entschärfen.

Doch: Da der Kindergarten in kirchlicher Trägerschaft ist, hat die Gemeinde kein Mitspracherecht. „Das ist deswegen sehr ärgerlich, weil wir dadurch auch die aktuelle Personalsituation nicht verbessern können. Unsere Absprachen mit dem Jugendamt lehnte die Kirchengemeinde ab. Für uns gibt es keine Begründung, wieso sie das getan hat“, teilte Bürgermeisterin Angelika Beckenbach in der Sitzung am Freitagabend mit.

Und das, obwohl die Gemeinde vertraglich dazu verpflichtet ist, 75 Prozent der Betriebskosten zu zahlen. Weil der Betriebsvertrag für den Kindergarten fristgerecht ausläuft, führen beide Parteien derzeit neue Verhandlungen. Die sehen unter anderem vor, dass die Gemeinde künftig 85 Prozent der Betriebskosten zahlt sowie für 50 Prozent der baulichen Unterhaltungskosten aufkommt. „Die Kirche zieht sich finanziell immer mehr zurück“, erklärte Beckenbach. Und auch Brigitte Wetzel (CDU) machte die aktuelle Situation deutlich: „Die Kindergartenkommission befasst sich schon lange mit der Kindergartensituation. Aber die war noch nie so extrem wie derzeit.“

Um diesbezüglich und aufgrund der Personalsituation verschiedene Fragen zu klären, lud die Kommune den Kirchenverwaltungsrat, der die katholische Kirchengemeinde St. Bonifatius vertritt, zu einer Besprechung ein. „Leider ist zu diesem Termin keines der Mitglieder erschienen. Zwei haben sich begründet entschuldigt, von vier kam keinerlei Rückmeldung“, trug Oberle weiter vor.

In einer E-Mail habe Pfarrer Alexander Rothermel angekündigt, dass der Kirchenverwaltungsrat Ende Oktober eine Entscheidung treffen wird, ob eine Vertragsunterzeichnung erfolgen wird. Gleichzeitig habe er darum gebeten, dass die Kommune bereits jetzt darüber beraten soll, wie sie den Kindergarten weiter betreiben kann.

Neue Kindergartenplätze schaffen

Das veranlasste die Abtsteinacher Fraktionen nun dazu, einen Kindergarten in kommunaler Trägerschaft zu überprüfen, – schließlich sind im Kindergarten St. Josef derzeit 95 Betreuungsplätze, davon zwölf für U3-Kinder, eingerichtet. Weil ab dem kommenden Jahr mit einem Fehlbedarf von 19 Ü3-Plätzen zu rechnen ist, machte sich die Gemeindeverwaltung bereits Gedanken darüber, wie diese Kinder künftig betreut werden können. Denn sowohl Kindergarten als auch Krippengruppe können keine weiteren Plätze anbieten.

Deswegen schlug die Verwaltung vor, kurzfristig eine Wald-/Naturkindergartengruppe ins Leben zu rufen. „Diesen Tagesordnungspunkt müssen wir unabhängig von der aktuellen Kindergartensituation sehen“, betonte Beckenbach und berichtete, dass bei dieser Entscheidung Eile geboten ist, weil die Lieferzeit eines Bauwagens an die neun Monate dauere.

200 000 Euro sind eingeplant

Rund 200 000 Euro plant die Gemeinde für die Anschaffung des Bauwagens, die Gestaltung des Außengeländes, den Bauantrag, eine Einzäunung des Geländes sowie für die Herstellung eines Trinkwasser- und Kanalanschlusses ein. Einen Aufstellungsort gebe es noch nicht, erste Gespräche seien bereits geführt worden. Einstimmig beschloss die Gemeindevertretung, alles Nötige in die Wege zu leiten, um eine Wald-/Naturgruppe in Trägerschaft der Gemeinde zu schaffen. nk